LPWAN-Technologien wie LoRaWAN und NB-IoT können sinnvoll kombiniert werden, um Potenziale im digitalen Messwesen zu heben.

Neben Stadtwerken und Wohnungsunternehmen stellen auch Gewerbe und Industrie zunehmend auf die digitale Erfassung von Zählerständen um. Abgesehen von der gesetzlichen Verpflichtung durch das Messstellenbetriebsgesetz
(MsbG) bedarf es moderner Messeinrichtungen und intelligenter Messsysteme, um Verbrauchsdaten erheben und analysieren sowie Verbrauchsflüsse transparent darstellen und steuern zu können. Für die Übertragung der zunehmenden Mengen dezentral erfasster Daten an entsprechende Plattformen oder Backend-Systeme sind
geeignete Funkstandards notwendig. Für die Kommunikation kleiner Datenpakete, die typischerweise von Sensoren oder Messgeräten generiert werden, gibt es aktuell verschiedene Lösungen: Die wichtigsten Technologien auf dem Markt sind bekanntermaßen wireless und kabelgebundenes M-BUS, LoRaWAN (Long Range Wide Area
Network) und NB-IoT (NarrowBand-IoT). „Bislang stand zumeist die Frage im Mittelpunkt, welche Technologie die beste ist und warum. Dabei weist jede Lösung ihre jeweiligen Vor- und Nachteile auf. Warum also nicht die Vorteile unterschiedlicher Netzwerklösungen kombinieren?“, fragt Jan Bose, Geschäftsführer von Alpha-Omega Technology
& Co. KG. Das Technologieunternehmen entwickelt IoT-Anwendungen, die auf Low-Power-Netzwerken wie LoRaWAN basieren, und realisiert die IoT-Netzwerke für Kommunen und Unternehmen.

Funkstandards vorteilhaft kombinieren


Welches Potenzial sich entfalten kann, wenn Funkstandards miteinander kooperieren und – parallel eingesetzt – ihre jeweiligen Vorteile in einem IoT ausspielen können, erläutert Thomas Nickel am Beispiel der beiden miteinander kompatiblen Netzwerklösungen LoRaWAN und NB-IoT. Er ist Area Manager DACH bei Elvaco AB, einem schwedischen Lösungsanbieter für Energiemessung. „Beide Standards haben gemeinsam, dass sie zur Gruppe der Low Power Wide Area (LPWA) Technologie gehören. Diese zeichnet sich durch niedrige Kosten, geringen Energieverbrauch und hohe Gebäudedurchdringung aus. Damit eignen sich beide Lösungen gut für die Anforderungen der Fernauslesung
von Verbrauchszählern und des Smart Metering“, so Thomas Nickel. Anwender, die die Unterschiede der beiden Technologien intelligent kombinieren, könnten auf diese Weise also noch mehr aus ihrer IoT-Infrastruktur
herausholen.

Da NB-IoT das bestehende Telekommunikationsnetz nutzt, kann es an fast jedem Ort betrieben werden und eignet sich daher als Ergänzung zu
einem bestehenden LoRaWAN-Netzwerk (Grafik: Alpha-Omega Technology GmbH & Co. KG)

LoRaWAN: Lizensfrei funken, sensible Daten
schützen

Im Vergleich zu anderen Funktechnologien wie M-Bus oder NB-IoT kann der Anwender beim Einsatz von LoRaWAN entscheiden, ob er einen vorhandenen Netzwerkbetreiber wählt oder die Netzwerkinfrastruktur selbst aufbaut. Durch die Wahlfreiheit und die potenzielle Unabhängigkeit von einem Netzbetreiber eignet sich die Lösung für lokal begrenzte Projekte. Nutzer von M-Bus müssen eine eigene Infrastruktur aufbauen, bei NB-IoT ist man auf externe Provider angewiesen. Zudem behält der Anwender im LoRaWAN-Netz die volle Kontrolle über seine Daten, so
dass sensible Informationen nicht von Drittanbietern verarbeitet werden, wie Jan Bose ausführt: „Ein Stadtwerk beispielsweise steht in einer großen Verantwortung hinsichtlich der Datensicherheit und damit der Privatsphäre der Bürger. LoRaWAN bietet hier eine sichere Grundlage. Denn das Protokoll arbeitet mit einer zweistufigen symmetrischen Verschlüsselung. Zudem wird der Schlüssel niemals per Funk übertragen.“

NB-IoT als ergänzende Technologie

Mit dem Funkstandard NB-IoT muss der Anwender keine zusätzlichen LoRaWAN-Gateways aufbauen. Thomas Nickel: „Einem Stadtwerk zum Beispiel bietet das eine kostengünstige Lösung, um eine weit von der Ortschaft entfernte Liegenschaft mit in das IoT einzubinden.

LoRaWAN und NB-IoT
LoRaWAN steht für Long Range Wide Area Network. Der lizenzfreie
Funkstandard überträgt Mess- und Sensordaten
kontinuierlich auch über große Distanzen. LoRaWAN-Sensoren
sind einfach konstruiert. Das macht sie preiswert und
flexibel einsetzbar, bei langen Batterielaufzeiten von fünf bis
teilweise sogar über zehn Jahren.
NB-IoT nutzt das bestehende Netz der großen deutschen Mobilfunkanbieter
und kann daher fast überall betrieben werden.
So kann NB-IoT das Netz an solchen Einsatzorten ergänzen,
an denen LoRaWAN nicht verfügbar ist.

Im Durchschnitt liegen beim Metering bis zu fünf Prozent der Zähleraußerhalb der bestehenden Funkreichweite. Diese letzten Prozent zu erreichen, verursacht den Betreibern vergleichsweise hohe Kosten.Der kombinierte Einsatz von LoRaWAN und NB-IoT löst dieses Problem.“
Ein Beispiel hierfür ist ein Bahnhof in der Innenstadt, dessen Kellerräume in ein bestehendes LoRaWAN-IoT eingebunden werden sollen. Sind die Wände sehr stark abgeschirmt, kann LoRaWAN sie unter Umständen nicht vollständig durchdringen. Ein NB-IoT-Modul kann in beiden Fällen ergänzend zum LoRaWAN Abhilfe schaffen. Das
Stadtwerk nutzt hierbei die bestehende NB-IoT-Infrastruktur der großen Anbieter, mit denen zumeist ja bereits Verträge bestehen, und muss keine zusätzlichen Gateways installieren.

Der Einsatz von NB-IoT ermöglicht es, auch abgelegene Liegenschaften in ein LoRaWAN-Netzwerk einzubinden.
(Grafik: Alpha-Omega GmbH & Co. KG)

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

In größeren Wohnhäusern oder in Gebäudekomplexen wie Bürogebäuden oder Einkaufscentern können mit einem sensorgestützten IoT-Netzwerk erweiterte Metering-Dienstleistungen angeboten und Energieeffizienz-Potenziale gehoben werden.
Laut den beiden Experten gehen die Anwendungsmöglichkeiten von LoRaWAN und NB-IoT indes weit über das Ziel der Energieeinsparung hinaus und schließen Smart Buildings und auch Smart Cities mit ein. „In moderne Fernablese-Systeme lassen sich außer der Messtechnik für Wärme, Strom und Wasser viele weitere mit Sensoren ausgestattete Geräte in Wohngebäuden oder Produktionsstätten einbinden. Vernetzte Wärmemengenzähler geben Energieunternehmen beispielsweise Auskunft über Volumen, Durchfluss und die Vor- und Rücklauftemperatur. Auf Grundlage der gewonnenen Daten lässt sich das Netzwerkmanagement optimieren und eine vorausschauende
Wartung realisieren“, skizziert der Alpha-Omega Technology-Geschäftsführer weitere Anwendungsfälle.
„Ein weiteres Beispiel sind Rauchmelder oder Temperatur- und Feuchtesensoren in öffentlichen Liegenschaften, Wohn- und Geschäftsgebäuden, um beispielsweise Schimmelbildung entgegen zu wirken. Die Überwachung durch IoT-Sensoren kann dafür sorgen, dass ein Zustand der Gebäude- oder Gesundheitsgefährdung durch Feuchtigkeit oder Schimmel gar nicht erst entsteht“, ergänzt Thomas Nickel. Weitere Beispiele sind Services für eine intelligente sensorgestützte Straßenbeleuchtung, ein Parkraummanagement oder Lösungen zur Verbesserung der eigenen Prozesse, etwa im Bereich der Abfallentsorgung, des Winterdienstes und vieler anderer Aufgaben.

Dieser Artikel ist im 50,2 Magazin für intelligente Stromnetze Ausgabe 02/2021 erschienen

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